Grundlagen der Inkontinenz

Was bedeutet Inkontinenz?

Aktualisiert am 19.08.2025
8 Min. Lesezeit

Inkontinenz bezeichnet den unfreiwilligen Verlust von Urin aus der Blase. Inkontinenz wird auch als Blasenschwäche, Urinabgang oder Harnverlust bezeichnet.  Dabei sind die Ursachen des Urinverlusts in der Regel auf eine Erkrankung in dem empfindlichen Gefüge aus Blasenmuskulatur, Schließmuskeln und Beckenbodenmuskulatur zurückzuführen. Oft tritt sie nach Schwangerschaften, Operationen, Nervenschädigungen oder bestimmten Grunderkrankungen auf.  

Alexander Tobian
Abteilungsleiter Vertriebsbüro & Abrechnung
Geprüft von: Andreas Mehrens | Altenpfleger / Medizinprodukteberater im Außendienst

Einleitung

Im folgenden Beitrag erfahren Sie alle Fakten über die verschiedenen Formen der Volkskrankheit Inkontinenz, wie Sie mit Inkontinenz umgehen und Prävention betreiben können. Zuletzt verrät Ihnen unser Ratgeber noch 11 praktische Methoden, die bei Inkontinenz sofort helfen.

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Zusammenfassung
Das Wichtigste in Kürze
  • Inkontinenz bedeutet den unwillkürlichen Verlust von Urin, kann alle Altersgruppen betreffen und bleibt trotz hoher Betroffenenzahl häufig tabu.
  • Es existieren verschiedene Formen (Belastungs-, Drang-, Misch-, Reflex-, Überlauf- und extraurethrale Inkontinenz), deren genaue Abklärung ärztlich erfolgen sollte.
  • Prävention setzt an den Ursachen an: Ein gesundes Körpergewicht und gezieltes Beckenbodentraining stärken die Kontinenz.
  • Die Therapie richtet sich nach Form und Schweregrad; mit fachlicher Diagnose lassen sich viele Fälle erfolgreich behandeln, und geeignete Hilfsmittel verbessern die Lebensqualität.
  • Für den Alltag stehen vielfältige Maßnahmen zur Verfügung – von Beckenboden- und Miktionstraining über Pessare, Biofeedback und Medikamente bis hin zu operativen Verfahren.

1. Inkontinenz – Eine heimliche Volkskrankheit

Inkontinenz zählt zu den typischen Gesundheitsproblemen im Alter, betrifft jedoch auch junge Frauen und Männer, in einigen Fällen auch Kinder. Allein in Deutschland sind über 10 Millionen Personen harninkontinent. Unter Frauen gilt sie als die häufigste chronische Krankheit - noch vor Bluthochdruck (Hypertonie).   

Inkontinenz ist noch immer ein Tabuthema: Schätzungsweise 85 Prozent der Betroffenen sprechen nicht oder zu wenig über das Thema, das sie täglich begleitet. Für Verständnis, optimale Hilfe und entsprechende Lösungen ist eine Tabuisierung kontraproduktiv. Daher können Ärzte, Pflegekräfte und die eigene Familie dabei helfen, das Tabu zu brechen und so mehr Lebensqualität und eine bessere Versorgung für die Betroffenen zu ermöglichen.  

2. Was für Formen von Inkontinenz gibt es? 

Insgesamt können 6 verschiedene Formen mit unterschiedlichen Ursachen der sogenannten Blasenschwäche bei Männern und Frauen auftreten: 

  • Belastungs- oder Stressinkontinenz   
  • Dranginkontinenz, auch Reizblase oder Urgeinkontinenz genannt   
  • Mischinkontinenz (Belastungs- und Dranginkontinenz)   
  • Reflexinkontinenz   
  • Überlaufinkontinenz   
  • Extraurethrale Inkontinenz   

Welche Formen der Blasenschwäche zugrunde liegen oder welche Harninkontinenz-Charakteristika sich bei Betroffenen zeigen, klärt die ärztliche Diagnose. Hierfür ist eine Untersuchung bei dem Hausarzt oder einem Facharzt erforderlich, auch um die zugehörigen Ursachen und Symptome ausfindig zu machen.  

3. Was hilft gegen Inkontinenz und Harnverhalt?  

  • Fachliche Einschätzung  
  • Offenheit 
  • Klarheit 
  • Vielfalt 

4. Inkontinenz konkret vorbeugen – Aber wie?  

Was nicht essen bei Verstopfung? Das ist bereits geklärt. Nun zum Trinken!

Um den verschiedenen Formen der Blasenschwäche vorbeugen zu können, sollten Sie Ihren Fokus auf die Ursachen lenken: 

  • Achten Sie auf ihr Körpergewicht! Übergewichtige Personen sind anfälliger für Beschwerden und ungewollten Verlust von Urin aus der Harnblase, weil unter anderem die Beckenboden- und Blasenmuskulatur mehr beansprucht wird.  
  • Ob Fitness oder Sport: Je kräftiger Bauch- und Beckenmuskulatur sind, desto besser ist eine Person vor einer Blasenschwäche geschützt. Insbesondere das Training der Beckenbodenmuskulatur empfiehlt sich als hervorragende Präventionsmaßnahme.  

5. Therapie der Harninkontinenz

Je nach Diagnose und Ursache eröffnen sich verschiedene Therapiemöglichkeiten, die zu einer Verbesserung oder Heilung der Inkontinenz führen können. Mithilfe fachlicher Abklärung und Therapie können - das ist die ermutigende Botschaft - vier von fünf Betroffene von ihrem Leiden geheilt werden. Bei den übrigen 20 Prozent lässt sich ihr Alltag durch eine gute Versorgung mit geeigneten Hilfsmitteln qualitativ hochwertiger gestalten. Dadurch wird der Harndrang besser unter Kontrolle gebracht, so der Ratgeber der Deutschen Gesellschaft für Urologie. 

Für eine erfolgversprechende Therapie ist eine vollständige Diagnose durch Ihren behandelnden Arzt notwendig, die sich an Form und Schweregrad der Blasenschwäche orientiert. Ob konservativer oder operativer Ansatz zur Therapie – in der modernen Medizin stehen eine Reihe von Behandlungsmöglichkeiten zur Verfügung. Lesen Sie fortfolgend unseren Ratgeber für 11 Methoden, die Ihnen bei Harninkontinenz im Alltag helfen

6. Diese 11 Methoden helfen bei Inkontinenz –

Ein Ratgeber für Behandlung und Pflege: 

  1. Urinalkondome
    Ein Urinalkondom ist für den Mann eine sehr gute Möglichkeit, die Harnblase leicht und mobil entleeren zu können. Außerdem verursachen Urinalkondome weitaus weniger Komplikationen bezüglich Infekte in Harnblase und Harnweg oder anderweitigen Problemen. Fragen Sie Ihren Arzt aktiv nach der Möglichkeit, Urinalkondome zu verwenden.
  2. Beckenbodentraining, Beckenboden-Gymnastik
    Mithilfe der Anleitung von Physio- oder Beckenbodentherapeut*innen lernt der Betroffene, Druck auf den Beckenboden zu minimieren und schädliche Anspannungsmuster abzulegen. Zusätzlich lernt der Patient, seinen Beckenboden durch regelmäßige Übungen zu stärken. Deswegen ist die Beckenboden-Gymnastik häufig das Mittel der Wahl für junge Mütter nach ihrer Entbindung, um der Blasenschwäche entgegenzuwirken.  
  3. Pessare helfen bei Harninkontinenz von Frauen
    Pessare sind Medizinprodukte, die diskret in die Vagina eingeführt werden. Dort stützen sie die Harnröhre, stellen die natürliche Anatomie der Frau wieder her und verbessern bei regelmäßiger Anwendung langfristig den Muskeltonus. Sinnvoll ist eine Therapie mit Pessaren, wenn die Ursache der Stress- oder Belastungsinkontinenz auf das Abknicken der weiblichen Harnröhre zurückzuführen ist.  
  4. Inkontinenz – Versorgung mit Kathetern
    In Pflegeeinrichtungen, Kliniken oder bei der Versorgung zu Hause werden oftmals Dauerkatheter eingesetzt. Hilfsmittel wie Katheter nehmen bei der Versorgung von Harninkontinenz eine bedeutende Rolle ein, da sie eine scheinbar einfache Versorgung ermöglichen. Sie bieten Patienten und Pflegekräften ein sicheres Gefühl.  Die Katheter können durch die Harnröhre (transurethral) oder die Bauchdecke (suprapubisch) in die Blase gelegt werden.  
  5. Biofeedback-Training
    Wahrnehmung ist alles! Nur wer weiß, welche Muskeln er oder sie anspannen muss, der kann gezielt seinen Beckenboden trainieren und die Beschwerden der Harninkontinenz minimieren. Dabei hilft das Biofeedback-Training. Betroffene können hierzu eine kleine Sonde verwenden, die das Zusammenziehen der Muskeln (die Kontraktionen) misst. Auf diese Weise kann der Patient erkennen und erlernen, ob er beim Beckenbodentraining die richtigen Muskeln anspannt.   
  6. Elektrotherapie
    Bei dieser Therapieform handelt es sich um eine passive Möglichkeit zum Training des Beckenbodens. Hierbei stärken elektrische Impulse entsprechende Muskeln – komplett schmerzfrei!   
  7. Miktionstraining zur Therapie der Inkontinenz
    Die Grundlage eines erfolgreichen Miktionstrainings ist die exakte Beobachtung des Toilettenverhaltens unter ärztlicher Aufsicht, selbst wenn das Training zu Hause erfolgt. Zum Einsatz kommt dabei ein sogenanntes Miktions- oder Trinktagebuch. Darin notiert der Patient über einen bestimmten Zeitraum regelmäßig, wie stark der Harndrang ist und wie viel Flüssigkeit ausgeschieden oder getrunken wurde. Anschließend erstellt der behandelnde Mediziner einen Trink- und Miktionsplan, der dem Patienten vorgibt, welche Mengen getrunken und wann Toilettengänge erfolgen dürfen – selbst ohne Harndrang. Ziel dieser Maßnahme ist es, unkontrollierten Harndrang zu unterbinden, indem die Blase geregelt entleert wird.  
  8. Harninkontinenz behandeln mit Hormonen 
    Belastungs- beziehungsweise Stressinkontinenz ist oftmals auch auf hormonelle Ursachen zurückzuführen. Eine Hormonbehandlung kommt insbesondere bei weiblichen Patienten zum Einsatz, bei denen sich die Inkontinenz während oder nach den Wechseljahren entwickelt hat. Die Behandlung erfolgt meist mit einem lokalen Östrogenpräparat.   
  9. Inkontinenz – Medikamentöse Behandlung 
    Ein Arzt kann Medikamente verschreiben, wodurch die Pflege erleichtert und Symptome und Beschwerden minimiert werden. Dabei stehen je nach Diagnose verschiedene Medikamente zur Wahl. Demnach gibt es krampflösende Medikamente für die Pflege von Harninkontinenz in Form der Dranginkontinenz oder Alpharezeptorblockern. Letztere dienen der Pflege von Überlaufinkontinenz oder Reflexinkontinenz.  
  10. Einlagen und Pants / Unterhosen bei Harninkontinenz 
    Zu den aufsaugenden Inkontinenzhilfsmitteln zählen Einlagen in diversen Größen und Saugstärken. Aber auch Pants stehen zur Verfügung, die speziell bei mittlerer bis starker Inkontinenz zum Einsatz kommen. Im Gegensatz zu den Einlagen, die in die Unterhose geklebt werden oder als Netzhose angezogen werden, stellen Pants eine Kombination aus Unterwäsche und Einlage dar.   
  11. Inkontinenz – Operative Therapie durch Arzt
    Operationen sind das Mittel der Wahl bei einer extraurethralen (außerhalb der Harnröhre) Inkontinenz, wenn beispielsweise ein Verschluss durch eine Fistel vorliegt. Auch eine vergrößerte Prostata ist ein Operationsgrund zur Behandlung der Symptome. Jedoch wird eine Operation bei Harninkontinenz erst dann durchgeführt, wenn die nicht-operativen Therapiemaßnahmen erfolglos geblieben sind. Unterschiedliche Operationsmethoden ermöglichen es, die Muskulatur des Beckenbodens zu straffen und die Harnröhre wieder aufzurichten. Dadurch sind die Erfolgsquoten hoch: Bei etwa 80 Prozent der operierten Patienten tritt Heilung oder starke Besserung ein.   

7. Schweregrade der Inkontinenz bei Belastungsinkontinenz

Belastungsinkontinenz zeichnet sich dadurch aus, dass der Patient Urin während einer körperlichen Belastung verliert. Je nach körperlicher Anstrengung wird die Belastungsinkontinenz nach Schweregraden differenziert:   

  • Grad 1: Die Blase verliert Urins beim Husten, Niesen, Pressen, Heben, Tragen schwerer Gegenstände   

  • Grad 2: Die Blase verliert Urin beim Gehen oder Aufstehen   

  • Grad 3: Urinverlust bereits im Liegen   

8. Folgeerscheinungen von Inkontinenz  

Aufgrund von Inkontinenz können eine oder mehrere Folgeerscheinungen auftreten. Je nach Lebenslage, Ursache und persönlichen Empfindungen fallen diese unterschiedlich aus und benötigen dementsprechend eine differenzierte Pflege: 

  1. Erschöpfung   
  2. Erhöhte Angst   
  3. Depressionen   
  4. Niedrigere Lebensqualität durch geringere Teilnahme an sozialen Aktivitäten - bis hin zur Isolation   
  5. Eingeschränkte Sexualität und eventuell Spannungen in der Partnerschaft   
  6. Entzündungen im Genitalbereich   
  7. Finanzielle Belastungen   

7. Fazit – Grundlagen der Inkontinenz

  • Inkontinenz beschreibt den unwillkürlichen Urinverlust aufgrund von Störungen an Blasenmuskulatur, Schließmuskeln und Beckenboden und kann Menschen aller Altersgruppen nach Schwangerschaften, Operationen, Nervenschäden oder Grunderkrankungen betreffen.
  • In Deutschland sind über 10 Millionen Menschen betroffen, zugleich bleibt Inkontinenz für viele ein Tabuthema, dessen Aufbrechen mit Unterstützung von Ärztinnen und Ärzten, Pflege und Familie mehr Lebensqualität ermöglicht.
  • Es treten sechs Formen der Harninkontinenz auf (Belastungs-, Drang-, Misch-, Reflex-, Überlauf-, extraurethral), und die exakte Abklärung erfordert eine ärztliche Diagnose.
  • Prävention setzt an den Ursachen an, etwa durch Beckenbodentraining und ein gesundes Körpergewicht, um die Kontinenz aktiv zu stärken.
  • Die Behandlung reicht von konservativen Maßnahmen bis zu Operationen und kann – nach individueller, ärztlich gesteuerter Therapie – Beschwerden deutlich bessern oder heilen, wobei praxisnahe 11 Methoden den Alltag zusätzlich erleichtern.

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